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Ausblick auf den nordamerikanischen Aftermarket 2021

Corona wird digitale Aftermarket-Lösungen massiv vorantreiben

Ausblick auf den nordamerikanischen Aftermarket 2021

Selten war ein Jahr so entscheidend wie 2021 – ein Schlüsseljahr, in das die Menschen überall auf der Welt große Hoffnungen und hohe Erwartungen setzen. Wenn alles gut läuft, wird die gefährliche Pandemie 2021 endlich unter Kontrolle sein, die wirtschaftliche Erholung einsetzen, die Beschäftigung wieder anziehen und so etwas wie Normalität in unser Leben zurückkehren.

Die Automobilbranche bildet dabei keine Ausnahme. Branchenvertreter und Insider sind zwar vorsichtig, aber es herrscht eine gewisse Aufbruchsstimmung angesichts der Marktaussichten für 2021.

Um es gleich vorwegzunehmen: Das Jahr 2020 war für die Automobilindustrie in den USA und Kanada dann doch nicht ganz so folgenschwer, wie man zu Beginn der Pandemie erwartet hatte. Die Neuwagenverkäufe brachen zwar im März und April um etwa 40-50 % ein, erholten sich aber rasch wieder. Im September stieg der Absatz im Jahresvergleich sogar wieder an. Für 2020 geht man für die USA von insgesamt ca. 14,5 Millionen Kfz-Neuzulassungen aus, was einem Rückgang von 15 % gegenüber 2019 entspricht. Kein großartiges Ergebnis, aber angesichts der Umstände dann doch erstaunlich gut, wenn man die Zahlen ins rechte Licht rückt.

Generell gilt, dass der Ersatzteilmarkt in schwierigen Jahren besser abschneidet als der Neuwagenbereich. Der nordamerikanische Verband der Automobilzulieferer Automotive Aftermarket Suppliers Association (AASA) hatte bereits im Juni einen Umsatzrückgang von 8-9 % prognostiziert. Das letzte Wort ist bei der Auswertung der Zahlen für 2020 zwar noch nicht gesprochen, aber es ist zu vermuten, dass die negativen Folgen der Pandemie mit einem Rückgang von 5-6 % etwas moderater ausfallen dürften.

Wie aber hat die Branche die Katastrophe abwenden können? Dafür gibt es zahlreiche Gründe – z. B. staatliche Hilfe oder, höheres verfügbares Einkommen von Angestellten während des Lockdowns –, ausschlaggebend war jedoch die Digitalisierung. Jahrelange Investitionen in den digitalen Einzelhandel für Autoverkauf, Ersatzteile und Services ermöglichten es OEM, Groß- und Einzelhändlern, ihr Geschäft an eine „kontaktlose“ Realität anzupassen. Beim Teileverkauf ging der E-Commerce als Gewinner hervor. Amazon und eBay florierten natürlich, Gleiches gilt jedoch auch für die Online-Plattformen traditioneller Autoteilehändler, wie Autozone oder O'Reilly.

Zudem hat die Pandemie der anhaltenden Debatte und Skepsis über die Bedeutung von Digitalisierung, Konnektivität und Virtualisierung in einem traditionell „physischen“ Geschäft endgültig den Boden entzogen. 2020 profitierten digital gut aufgestellte Händler von den Vorteilen, während andere sich beeilten, ihr Geschäft zu digitalisieren. In einem virtuellen Roundtable-Gespräch auf der AAPEX im letzten Jahr unterstrichen die CEOs der großen Händler im Automotive Aftermarket die Bedeutung von E-Commerce für ihre Wachstumsstrategie. Der Konsens: Die Digitalisierung wird von Dauer sein.

Wie aber werden sich diese Trends fortsetzen? Hier die fünf wichtigsten Entwicklungen, mit denen man im Automotive Aftersales im Jahr 2021 und darüber hinaus rechnen kann:

  • Aufschwung im Aftermarket im zweistelligen Bereich: Die Industrieverbände AutoCare Association und AASA prognostizieren für den US-amerikanischen Aftermarket 2021 ein Wachstum von etwa 11,7 %. Es besteht ein erheblicher Nachholbedarf, so dass das prognostizierte Wachstum durchaus realisierbar erscheint. Dabei wird der Aftermarket einen raschen Aufschwung erleben, während das Wachstum für den OES-Bereich etwas verhaltener ausfallen dürfte.

    Die Service-Einnahmen von Händlern werden dabei wohl am stärksten leiden, da 2020 in den USA über zwei Millionen Fahrzeuge weniger verkauft wurden. Für 2021 erwarten Analysten einen Absatz von 15,5 bis 16 Millionen – was einer Fehlmenge von ca. drei Millionen Fahrzeugen entspricht, deren Kauf 2021 nachgeholt werden könnte. Unter diesen Bedingungen werden OEM mit einer tiefgreifenden Lifecycle-Portfoliostrategie und wettbewerbsfähigen Aftermarket-Preisen besser abschneiden als solche, die in erster Linie auf neue Kunden abzielen und eine „Kosten-Plus“-Preisstrategie anwenden.

  • Nordamerika rückt Europa und China stärker in den Fokus: Die Corona-Pandemie hat die Schwachstellen von aufstrebenden Märkten wie LATAM und Südasien offengelegt – zwei Regionen, die 2020 schwere wirtschaftliche Verluste zu verzeichnen hatten. Dazu kommen die Schwierigkeiten, die bei Geschäftstätigkeiten in diesen Märkten traditionell herrschen, so dass nordamerikanische Unternehmen diese Märkte kurzfristig wahrscheinlich eher meiden werden.

    Europa erscheint dagegen attraktiver denn je. In den letzten Jahren haben bereits Unternehmen wie NAPA, LKQ und Uni-Select mit Übernahmen den Schritt über den Atlantik gewagt. Europa mag vielleicht ein schwaches Wachstum aufweisen, es ist aber ein stabiler Markt – der Chancen bietet. Da sich das Teilegeschäft von der lokalen über die regionale bis zur globalen Ebene stetig weiterentwickelt, stehen die Wettbewerber zunehmend unter Druck, komplexe Lieferketten und digitale Kompetenzen aufzubauen. Um in den Ausbau ihrer Aktivitäten investieren zu können, sind die meisten Händler in Europa aber schlichtweg zu klein – und häufig zu knapp bei Kasse. Diese Unternehmen werden von der Pandemie wahrscheinlich auch am stärksten betroffen sein und es mit der wirtschaftlichen Erholung besonders schwer haben. Finanzkräftige Groß- und Einzelhändler sowie Lieferanten könnten dies als Chance sehen, globale Größe und Präsenz aufzubauen, da einige der lokalen europäischen Akteure offen für Übernahmen zu angemessenen Preisen sein dürften. Es wäre daher kaum überraschend, wenn Unternehmen wie Autozone oder O'Reilly in Europa aktiv würden.

    China ist ein weiterer Lichtblick. Die jüngsten Handelsstreitigkeiten mit den USA haben Handel und Investitionstätigkeiten für den Westen zwar erschwert, gleichzeitig hat China aber als einziger großer und globaler Markt der Pandemie getrotzt und ist wirtschaftlich stabil geblieben. Gelingt es der neuen amerikanischen Regierung, einen Weg zu finden, die Spannungen abzubauen und ein geschäftsfreundlicheres Umfeld zu schaffen, werden Chinas steigende Autoverkäufe und der Übergang zu einer moderneren Marktstruktur Chancen für nordamerikanische Wettbewerber bieten.

  • E-Commerce und Digitalisierung im Mittelpunkt: Die zunehmende Digitalisierung im Automobilgeschäft – sei es im Fahrzeugverkauf oder im Bereich Aftersales – ist die eine zuverlässige Konstante, der wir uns im Jahr 2021 sicher sein können. Wie bereits erwähnt, hat die Pandemie das Wachstum des E-Commerce im vergangenen Jahr extrem beschleunigt. Die Marketing-Agentur Hedges & Company, die den E-Commerce im Automotive Aftersales beobachtet, prognostizierte für 2020 aufgrund der Pandemie einen zusätzlichen Umsatzanstieg von etwa 1,9 Milliarden US-Dollar. Während der im März und April beobachtete sprunghafte Anstieg auf 50-100 % vorbei sein dürfte, sind sich die meisten Analysten jedoch einig, dass der Online-Teileverkauf auch 2021 zweistellig wachsen wird.

    Der größte Anteil am E-Commerce-Wachstum entfällt dabei auf den Verkauf an Endverbraucher – eine Entwicklung, die anhaltend sein wird. Insgesamt mag der Umsatz durch „Hobby-Schrauber“ aufgrund zunehmender Fahrzeugkomplexität zwar nachlassen, aber die beschleunigte „Amazonifizierung“ der Kaufgewohnheiten während der Corona-Krise wird bei diesen Kunden zu einem Plattformwechsel führen.

  • Vermehrte Investitionen in Connected Solutions und Predictive Data: Seit 2020 ist alles virtuell – na ja, fast alles. Seit Jahren beschäftigten sich OEM und Händler mit der Digitalisierung ihrer Verkaufsplattformen – mit unterschiedlichem Ergebnis. Viele argumentierten bislang, dass das Fahrzeuggeschäft zu sehr physischer Natur sei, um digitalisiert zu werden, und dass seitens der Kunden kein großer Wunsch danach bestünde (obwohl Daten das Gegenteil belegen).

    2020 zwang schließlich viele zum Umdenken und zeigte deutlich, was möglich ist. In dem Bemühen, kontaktlos zu werden, wurde die Customer Journey zunehmend virtuell. Fahrzeugbesitzer wählten Produkte online aus, zahlten elektronisch und unterzeichneten Dokumente über digitale Plattformen. Bei vielen Angeboten zeigte sich dabei Verbesserungsbedarf. So wurde beispielsweise die interaktive Bestandsauswahl oder der Bezahlvorgang auf Websites oft als mangelhaft empfunden. In diesem Jahr müssen sich diese Unternehmen beeilen, ihre Plattformen zu optimieren und sich so für die Zukunft zu wappnen.

    Manche werden sogar noch weiter gehen. OEM werden ihren vernetzten Zugang zum Fahrzeug nutzen, um den Service- und Reparaturbedarf zu antizipieren und sich so einen Wettbewerbsvorteil zu sichern. Die Konnektivität wird es ihnen zudem ermöglichen, die Customer Journey für die Fahrzeugreparatur weiter zu virtualisieren – und damit die Attraktivität von OEM und Händlern für die Zeit nach Corona zu steigern.

    In diesem Szenario werden Fahrzeugdaten für den Aftermarket wichtiger denn je sein, um die Nachfrage antizipieren, Kunden erreichen und moderne Fahrzeuge reparieren zu können. Teilelieferanten haben die Dringlichkeit bereits erkannt und beginnen, vernetzte Möglichkeiten zu erwägen. Im Jahr 2020 tätigte der globale Teilelieferant Sensata eine bedeutende Investition in Pitstop, einer in Kanada ansässigen Plattform für vorausschauende Wartungslösungen. Weitere Partnerschaften dieser Art werden für das Jahr 2021 und darüber hinaus erwartet.

  • Akteure beschleunigen die Einführung von marktbasiertem Pricing: Untersuchungen haben übereinstimmend gezeigt, dass 70-80 % der Kunden bei der Suche nach Ersatzteilen und Services online Preise vergleichen – auch wenn sie sich am Ende für die tatsächliche Reparatur an eine Werkstatt oder einen Händler wenden. Aber immer mehr Kunden – sowohl im B2B- als auch im B2C-Bereich – tätigen auch den Kauf online. Dieser Trend wird sich im Jahr 2021 noch verstärken und einen großen Einfluss darauf haben, wie Teile katalogisiert, inventarisiert und bepreist werden. Es wird große Preistransparenz auf dem Markt herrschen, was zu stärker bedarfsorientiertem, dynamischem Pricing führen wird – und somit zu einer Abkehr vom im Aftermarket weit verbreiteten Kosten-Plus-Modell.

    Nationale Ersatzteilhändler beginnen bereits, das dynamische Preismodell von Amazon zu kopieren, was eine kontinuierliche, aktive Preisbeobachtung und -gestaltung mit sich bringt. OEM und Händler müssen mit diesem rasanten Tempo der Preisgestaltung mithalten, um im Aftermarket wettbewerbsfähig zu bleiben. Viele investieren daher in ihre Preisstrategie, um den Anschluss nicht zu verpassen. Gleichzeitig beschleunigen Teilelieferanten eine aktivere Überwachung und Durchsetzung von Mindestpreisen, um sicherzustellen, dass ihre Produkte wettbewerbsfähig bleiben, ohne dabei abgewertet zu werden.

    Das Pricing wird darüberhinaus ein wichtiger Hebel zur Umsatzgenerierung sein und mehr denn je an strategischer Bedeutung gewinnen, da Austauschraten und Teilemengen aufgrund der allgemeinen Verbesserung der Fahrzeugqualität weiter sinken werden. In einem Jahr mit rückläufigen Fahrzeugverkäufen, geringerer Fahrzeugnutzung und einer schwachen Konjunktur wird das Pricing sicherlich weiter an Bedeutung gewinnen. 

Eucon ist ein digitaler Pionier der Daten- und Prozessintelligenz. Als Wegbereiter für den digitalen Wandel unterstützt Eucon seit 1997 Unternehmen in den Branchen Automotive, Versicherungen und Real Estate dabei, ihre Prozesse zu digitalisieren, Datenschätze gewinnbringend zu nutzen und digitale Geschäftsmodelle umzusetzen. Eucon verfügt über umfassende Marktdaten und tiefes Expertenwissen und kombiniert dieses Know-how mit modernen Technologien wie Künstlicher Intelligenz und Robotic Process Automation zu intelligenten Automatisierungslösungen. Mit rund 400 Mitarbeitern betreut das Unternehmen 250 Kunden in mehr als 80 Ländern von Niederlassungen in Europa, Nord- und Lateinamerika und im asiatisch-pazifischen Raum. 

Verfasst von Kumar Saha, Head of Market Intelligence, Eucon North America, and Managing Director, Eucon Canada