LLMs als Fortschritt in der intelligenten Datenextraktion
Doch was leisten die Technologien und wie sieht ihr Zusammenspiel konkret aus? Die bereits im Einsatz befindliche OCR-Technologie ist eine bewährte Methode zur Texterkennung in gescannten Dokumenten. Sie erkennt einzelne Buchstaben in gedruckten und vielfach sogar handschriftlichen Texten und wandelt diese in digitale, maschinenlesbare Formate um. Das ist besonders im Schadenmanagement für Versicherer nützlich, wo Dokumente unterschiedlicher Formate wie Schadenberichte, Bilder, Rechnungen, E-Mails und Policen verarbeitet werden müssen.
Durch die Kombination von LLMs und intelligenter Prozesssteuerung eröffnen sich neue Möglichkeiten der automatisierten Datenverarbeitung. Künftig wandeln Systeme digital eingereichte Textdokumente zunächst in durchsuchbare, strukturierte Textdaten um. Im nächsten Schritt interpretieren LLM-Analysetools diese Inhalte im Rahmen eines KI-Workflows, um daraus strukturierte Informationen zu extrahieren und kontextbezogen einzuordnen. Sie erkennen Schlüsselinformationen und lesen gezielt Datenpunkte wie Namen, Adressen, Schadenarten oder Schadensummen aus Dokumenten wie beispielsweise Schadenberichten aus.
Vom Text zur Bedeutung: Was LLMs besser können
Klassische LLMs verarbeiten dabei primär Texte in natürlicher Sprache und erkennen relevante Inhalte auch in komplexen, unstrukturierten Formaten. Neuere, multimodale Modelle gehen noch einen Schritt weiter: Sie verarbeiten nicht nur Text, sondern auch Bilder, Audiodateien oder Videos und können so komplexe Zusammenhänge besser erfassen. Sie erkennen visuelle Strukturen wie Tabellen oder Überschriften, beziehen grafische Inhalte sinnvoll in ihre Analyse ein und interpretieren den Kontext ganzheitlich. Damit erweitern sie das Einsatzspektrum intelligenter Automatisierung im Schadenmanagement erheblich – auch wenn ihre Ergebnisse, wie bei allen KI-Systemen, mit fachlicher Sorgfalt validiert werden müssen.
Im Fall von Herrn Meier könnte das Sprachmodell die Werkstattrechnung im Zusammenspiel mit dem Schadenbericht, der Fahrzeughistorie, ergänzenden Bildern und historischen Daten analysieren. Es erkennt, dass eine Lackierung am hinteren Stoßfänger thematisch zur gemeldeten Heckkollision passt – während eine Reparatur der vorderen rechten Tür eher auf einen früheren Schaden hindeutet. Damit wird klar: LLMs erfassen nicht nur einzelne Begriffe, sondern verstehen deren Bedeutung im jeweiligen Kontext. Sie helfen, scheinbare Unklarheiten zu klären, Rückfragen zu vermeiden und Entscheidungen schneller und fundierter zu treffen.
In bestehende Schadenmanagementsysteme als KI-Workflow integriert, wird die rasch zunehmende Leistungsfähigkeit von LLMs künftig ermöglichen, Schadendaten nahtlos weiterzuverarbeiten. Diese tiefgreifende Prozessautomatisierung reduziert manuelle Aufwände, minimiert Fehlerquellen und steigert die Genauigkeit und Verlässlichkeit der Daten – und entlastet zugleich die Sachbearbeitenden. Das markiert eine neue Stufe der Automatisierung und Interaktion.
LLMs als Ergänzungstechnologie, nicht als Ersatz im Schadenmanagement
Noch gibt es Hürden beim Einsatz von LLMs, die jedoch mit der aktuellen Entwicklungsgeschwindigkeit rasch weniger werden. Sprachmodelle generieren mitunter Inhalte, die plausibel erscheinen, aber nicht mit den Ausgangsdaten übereinstimmen – sogenannte Halluzinationen. Zudem fehlt ihnen eine eingebaute Validierung, weshalb extrahierte Informationen nicht automatisch auf Richtigkeit geprüft werden können. Eine fachliche Kontrolle durch menschliche Fachkräfte bleibt daher bislang notwendig – insbesondere um zu prüfen, ob die KI Inhalte ergänzt hat, die im Originaldokument nicht enthalten sind.
Große Sprachmodelle sind damit kein vollständiger Ersatz im Schadenmanagement, sondern eine hochwirksame Ergänzungstechnologie, die mithilfe von Menschen und historischen Daten rasch für den professionellen Einsatz ausreifen und ihre effizienzsteigernde Wirkung ausspielen dürfte. Damit schaffen LLMs eine hochwertige Datengrundlage für nachgelagerte Prozesse – etwa für die automatisierte Belegprüfung, die tiefergehende Analyse der Schadenakte oder die finale Entscheidung zur Auszahlung. Die daraus resultierende weitere Automatisierung reduziert manuelle Prüfaufwände, minimiert Fehler und erhöht die Genauigkeit und Verlässlichkeit der Daten signifikant.
Zukünftig werden autonom agierende KI-Agenten eigenständig Prozesse im Schadenmanagement anstoßen, steuern und abschließen – auf Basis extrahierter Daten, vordefinierter Regeln und kontinuierlichem Feedback aus dem System. LLMs spielen dabei eine zentrale Rolle, da sie es den Agenten ermöglichen, unstrukturierte Informationen semantisch zu verstehen, natürliche Sprache zu verarbeiten und Entscheidungen kontextbezogen zu treffen. Trotz dieser Fortschritte bleibt menschliche Kontrolle weiterhin essenziell, um die Qualität der Entscheidungen zu sichern.
Fazit und Ausblick
LLMs eröffnen neue Potenziale im Schadenmanagement. Ihr Mehrwert liegt vor allem in der Entlastung von Sachbearbeitenden, der Beschleunigung von Prozessen und der Verbesserung der Datenqualität – vorausgesetzt, ihre Ergebnisse werden mit fachlicher Sorgfalt überprüft und sinnvoll in bestehende Abläufe integriert. Der eigentliche Fortschritt entsteht dabei durch die semantische Analyse unstrukturierter Informationen: LLMs bringen Verständnis, Kontext, Verknüpfung und Geschwindigkeit in die Datenverarbeitung. Perspektivisch ermöglichen gut trainierte KI-Agenten eine weitgehend autonome Schadenregulierung.
Setzen Versicherer auf durchdachte Prozesssteuerung, moderne LLMs mit tiefem Fachwissen sowie auf eine gewachsene Datenbasis, können sie ihre Schadenprozesse durchgängig digitalisieren und erheblich beschleunigen. Für Kunden wie Herrn Meier bedeutet das: weniger Rückfragen, eine zügigere Schadenregulierung und ein deutlich besseres Serviceerlebnis.